Veruntreuung am NIGE – Detlefs Nebelkerze

 

Veruntreuung am NIGE
Eine Frage des Systems

 

 

 

 

Detlefs Nebelkerze

 

 

Käseblatts Aufgabe ist es nicht, einen Sachverhalt zu recherchieren und die Geschichte plausibel zu erzählen, sondern Käseblatts Aufgabe ist’s, Befindlichkeit zu transportieren und somit ein wundersam weichgespültes „Haltet den Dieb!“ zu flüstern.

Somit kolportiert Detlef Kiesés Aufsatz weniger eine strafrechtliche Begebenheit, sondern vor allem diverse Gemütszustände von Beteiligten und wirft mehr Fragen auf als Antworten zu geben.

Und selbst wenn Kiesé also „schockierende Erkenntnisse, schwere Enttäuschung, persönliche Betroffenheit, Ernüchterung, Bestürzung …“ einer Schulleiterin redaktionell visualisiert, gerät auch das noch unfreiwillig zur Karikatur.

Folgt man der wirren Überlieferung des Redakteurs hatte eine „schockierende Erkenntnis“ bei der Schulleitung Anja Renken-Abken im Sommer 2022 lediglich zur fristlosen Kündigung des NIGE-Verwaltungsleiters wegen fortgesetzter Unterschlagung geführt.

Eine diesbezügliche Strafanzeige, die ein Ermittlungsverfahren nach sich zog, erfolgte demnach allerdings erst, als der Sachverhalt durch das anonyme Schreiben eines (so Kiesé) „internen Whistleblowers des NIGE“ im Oktober 2022 an die Öffentlichkeit gelangte und demzufolge nicht länger zu beschweigen war.
Nur die OZ berichtete am 11.10.2022., während der Anzeiger für Harlingerland mit den Beteiligten unter einer Decke blieb.

Und fast weitere zwei Jahre benötigte die Schulleiterin, um den Schock der Erkenntnisse zu verarbeiten und nunmehr ihrer Enttäuschung, Betroffenheit und Bestürzung Ausdruck zu verleihen.

Hingegen „die seit Sommer 2020 vakante Stelle soll im kommenden Monat wieder besetzt werden, wie Anja Renken-Abken berichtet„, und stiftet nicht nur weitere Verwirrung, sondern vernebelt auch die Frage, warum bis zur Neubesetzung dieser Verwaltungsleiterstelle gar zwei bzw. vier Jahre ins Land gehen mußten.

Die naheliegende Annahme besagt: Eine bruchlose Neubesetzung der Stelle schon 2022 war gar nicht möglich bzw. nicht angezeigt, denn das hätte dem Nachfolger zwangsläufig den tiefen Blick in einen Tatort gestattet bzw. abverlangt, der bis 2024 noch gereinigt werden mußte.

 

Vorauseilender Freispruch

Die Kernfrage, wie denn bei soviel vertraulichster Zusammenarbeit eine halbe Million Euro verschwinden können, erforderte zweifellos allerbehutsamste Ermittlungen  (sowohl im Kollegium als auch sicher bei Zuschußgebern und Förderprogrammverwaltern) vonseiten der Staatsanwaltschaft, zumal diese ja weisungsgebunden vonseiten des Niedersächsischen Justizministeriums zu agieren hat; Justizministerin des Landes Niedersachsen ist Kathrin Wahlmann, SPD.

Denn gewiß ist’s eine Gratwanderung, ob es ermittlungstaktisch sich auch nur ansatzweise erweisen darf, daß der Habitus des Einzeltäters in Finanzfragen sich doch langjähriger Toleranz und Kenntnis der übrigen Leitungsebene verdankt haben könnte, bei der Herrn V. vielleicht dann mal, warum auch immer in Ungnade gefallen, die Tragbarkeit entzogen wurde und dann die zuständigen Repräsentanten als eben jene einer Esenser Landes!Eliteschule von alledem keinerlei Ahnung mehr haben wollen durften.

Da beeilt sich auch die Schulleiterin mit der Betonung der vorrangigen Verantwortung des Verwaltungsleiters sowie ihres lediglich „besten Wissens„, welches sie bei der Haushaltsprüfung anzulegen hatte.
Und auch Kiesé wird der Erzählfeld-Verdunklung nicht müde und labelt mehrfach den „langjährigen Finanzverantwortlichen„, um sodann über den das NIGE unverdient heimsuchenden Schicksalsschlag zu verlautbaren: „Desto größer war die Bestürzung, dass dem Finanzverantwortlichen anstatt der Dankesurkunde die Kündigung ausgesprochen werden musste.“ – ein doppelzüngiges Geschwurbel, das allenfalls die Esenser Schweige- und Wegschau-Tradition intoniert.

Vor allem unter dem Gesichtspunkt des Einzeltäters plädiert der Redakteur schließlich für die betroffenen, entsetzten, enttäuschten, bestürzten Beteiligten auf verminderte Schuldfähigkeit.
Allen vorweg die Schulleiterin leiste geradezu Übermenschliches, sei die „einzige Außenvertretungsberechtigte“ [?], habe „sämtliche Abläufe [?!] im Gymnasium zu kontrollieren und zu verantworten„, das „Kassensystem zu überblicken“ und „den Haushalt abzusegnen„. Tatsächlich: abzusegnen !

Dann unterstellt er eine Überlastung der Schulleiterin, um die selten dämliche Suggestivfrage zu implizieren, ob das alles denn überhaupt menschenmöglich wäre, und dazu die ebenso dämliche Antwort zu liefern: Nie im Leben!
Sondern Frau Anja Renken-Abken hätte „eine spezielle Ausbildung im Haushaltsrecht und vielleicht weiteren Spezialgebieten“ gebraucht sowie „grundsätzliche strukturelle Korrekturen“ – wobei noch ganz weit offen bleibt, wie die übermenschlichen Anforderungen denn seit Sommer 2022 und das ganz ohne Verwaltungsleiter bewältigt worden seien.

Mögen der Staatsanwalt dies ins Plädoyer und das Gericht dies ins Urteil einfließen lassen!