Kita Bärenhöhle –
Faktenschreck zum Zwoten
Architektenwettbewerb Bärenhöhle – Wo war er ?
Es kennzeichnet ja gerade Architektenwettbewerbe, daß sie für die Fachwelt erkenntnis-, und meinungsbildend für’s Volk sind.
Daher werden sie in der Regel umfassend angekündigt und öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Die Zusammensetzung der Jury verleiht dem Ausrichter erhebliche Reputation; die dargestellte Aufgabe verspricht spannende Unterhaltung; etwaige Kostenrahmen geben Einblick in Umsicht, Interessenslage und Ernsthaftigkeit der Teilnehmenden. Nicht minder interessant sind die Bedingungen und Belohnungen, vom Preisgeld über Belobigung bis hin zum etwaigen Planungs- oder gar Durchführungsauftrag in allen HOAI-Leistungsphasen.
Die Ergebnisse schließlich unterliegen Klassifizierungen und Wertungen, die für Mitbewerber und restliche Fachwelt häufig perspektivisch lehr- und aufschlußreich sind und auch für die Öffentlichkeit hinweisgebend, gar verräterisch, bezüglich der lokalen Kindergarten- oder Haushalts- oder Stadtplanungspolitik, je nach Präferenz ihrer sich durchsetzenden Vertreter und Stichhaltigkeit ihrer Begründungen.
Getürktes Preisausschreiben
Da nun aber in Esens unter dem Thema Architektenwettbewerb Bärenhöhle bereits im Vorfeld nichts von alledem zutraf bzw. öffentlich aufzuspüren gewesen ist, darf das Label Architektenwettbewerb als nachhaltig getürkt, die Verwendung als fetter Etikettenschwindel und ein Architekt, der in seinem Portfolio sich als 1. Gewinner dieser Farce tituliert, gestrost als … ja was eigentlich ?… bezeichnet werden.
Darüber, was welche Leistung als preiswürdig hervorhebt, kann nur spekuliert werden, weil sämtliche o.b. Wettbewerbsmerkmale und Auswahltechniken offenbar im Esenser Darkroom (Verwaltungsausschuß?) vollzogen wurden, aus dem die als einzig gesichert geltende Information besagt, daß unter den wenigen amtlicherseits unverbindlich angefragten Interessenten nur der spätere Gewinner dieses komischen Preisausschreibens das konkrete Grundstück der Kita kannte und deshalb als Einziger – Überraschung! – einen maßgeschneiderten Planungsentwurf dafür abliefern konnte. Welche Herzchen dafür zum Gleichklang gefunden hatten, möchte man lieber gar nicht weiter wissen …
So weit, so duster.
Bis zu diesem Zeitpunkt publizierten Bauherren und Gewinner eine Baukostenschätzung von 3 Millionen €, so daß man zudem schlußfolgern konnte, wie der Wettbewerbsgewinn dotiert gewesen sein könnte, nämlich mit dem Realisierungsauftrag nach HOAI-Leistungsphasen 1-9.
Mit 3 Mio. € für einen 6-gruppigen Kindergarten wären die Kosten durchaus nahe beim bundesweiten Durchschnitt, sofern denen nicht eine Architekten-Presse-Lyrik, sondern z.B. gesicherte Vergleichsstandards zugrundeliegen wie Kostenkennwerte für Bauwerkskosten nach DIN 276 bzw. BKI-Kostenkennwerte, und was da mehr einmal nachzulesen die Entscheidungsträger als unentwegte Zumutung empfinden.
EU-Vergaberecht unterlaufen
Keinesfalls war die 3 Mio.-Ausrufung etwa einer besonders kostenbewußten, spartanischen oder innovativen Planung entsprungen, sondern hatte im Gegenteil einen ganzganz anderen Hintergrund:
Setzt man die Baukosten von 3 Mio. € ins Verhältnis zu den dafür erforderlichen Architektenleistungen, generiert das einen Honorarmindestsatz von netto 220.161 €.
Nun aber beträgt mit Wirkung zum 01.01.2018 im Europäischen Vergaberecht der sog. Schwellenwert auch für Architektenleistungen 221.000 €, das heißt Dienstleistungsaufträge, die dies Volumen überschreiten, sind verpflichtend EU-weit auszuschreiben!
Ja, potztausend, da sind die 220.161 € so messerscharf kalkuliert und punktgenau getroffen, daß festzustellen wäre, es sei die 3 Mio.-Verkündung bloß eine Fake-Schätzung gewesen, um das EU-Vergaberecht zu unterlaufen und etwaigen Mitbewerbern die Möglichkeit zu nehmen, juristisch dagegen vorzugehen …
[EU-Recht beugen, bis es bricht! Klingelingggg ?!]
Baukostenverdoppelung
Dementsprechend geräuschlos ging nach Beauftragung dann auch das Umswitchen, d.h. die schiere Verdoppelung der Baukosten von 3 Mio. auf 6 Mio. € vor sich, ohne daß auch nur einer der Trickbeteiligten dazu etwas angemerkt hätte.
Auch in der ratiophoben Widerstandsgruppe der politischen Einfalt begegnet man sich weiter auf Augenhöhe mit Gutheißungen:
Ulli Maus, Grüne: „Unser Votum war … eine Entscheidung für den Klimaschutz.“ (AfH, 28.09.2019) – ein bescheuertes Argument, weil der Kita-Baukörper wie jeder andere Neubau auch die EnEV einhält, wozu die gesetzliche Verpflichtung besteht!
Martin Mammen, ebd.: „Wir bekommen für die Kinder deutlich mehr als das Übliche“ – ohne allerdings vom Üblichen sich mal die geringste Ahnung verschafft zu haben.
„… daß wir einen tollen Architekten haben und einen Kindergarten bekommen, auf den wir stolz sein können,“ verrät nun auch Bürgermeisterin Karin Emken das Entscheidungskriterium für den Wettbewerbsgewinner.
Fokko Saathoff findet heraus: „Wenn man etwas Gutes … baut, kostet das Geld.“ – wer wollte da widersprechen, aber etwas Schlechtes kostet leider genauso viel.
Stadtratsmitglied Ole Willms hatte sich zum Richtfest eingeschlichen und „erachtet„: „ein Projekt, das seinesgleichen sucht, weit über die Grenzen des Landkreises hinaus“ – nach einem Richtfest-Selfie zweifellos das zweitwichtigste Kriterium für einen 6 Mio.-Baukörper, der „übrigens energetisch auf dem neusten Stand ist“. Ja kuck…
Und Planer Thater hebt schließlich hervor „ein angenehmes, gleichmäßiges Raumklima, sowohl im Sommer als auch im Winter“ und schraubt somit die Schlichtheit der Kostenverdoppelungserklärung auf das Erfassungsniveau der zukünftigen Nutzer, der erzählenden AfH-Volontärin und ihres mitgebrachten Zeitungsbären Bruno.
Die nächste Kostensteigerung ist übrigens vorhersehbar und ebenfalls hausgemacht. Denn wer geschwätzig via Anzeiger (28.09.2019) verrät, daß für die Fassade kein Angebot eingegangen ist, darf sich nicht wundern, wenn die späteren Anbieter sich heute schon ob fetter Preisforderungen die Hände reiben.
Punkt