Das Urteil zur Landschaftsschutzgebietsverordnung

 

Das OVG-Urteil zur Landschaftsschutzgebietsverordnung

 

 

Presswesen
Wenn eine Redaktion sich statt der Sachlage vorrangig der eigenen Berauschtheit verpflichtet sieht und heiße Texte raushaut  wie Batteriehühner ihre Eier, findet sich in der Eiablage solches:

„Die Kläger wollen den Abriss der umstrittenen Bensersieler Ortsumgehung erreichen. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg stellte sich am Dienstag aber nicht auf ihre Seite.“
Fakt aber ist, daß weder die o.b. Ortsumgehung zur Verhandlung stand, noch gar deren Abriß, den auch bislang niemand ereichen wollte und ein Gericht sich nicht auf irgendeine Seite stellt, sondern urteilt, und daß diese fake-Nachricht ein ganzganz faules Ei ist, das eine Susanne Ullrich von der OZ den Lesern auf den Frühstückstisch gelegt hat.

„Seit vielen Jahren zieht ein Dortmunder Ehepaar wegen der illegalen Umgehungsstraße Bensersiel gegen die Stadt Esens und den Landkreis Wittmund zu Felde. Nun kassierten sie eine empfindliche Schlappe“,
sagt ein Jörg Jung von der NWZ, der uns dieses ebfls. faule Ei aufschlägt.
Fakt ist, daß ein Kläger keinesfalls gegen irgendwen „zu Felde zieht“, also einen Krieg anzettelt, sondern seit 15 Jahren gegen behördliche Zermürbung und für die Einhaltung rechtsstaatlicher Vorgaben zu kämpfen hat und sein Recht gesucht und mehrere Prozesse bis zum Bundesverwaltungsgericht gegen die Stadt Esens gewonnen hat.
Was im Kontext eine „empfindliche Schlappe“ sei, weiß der Eierleger selbst nicht zu erklären, weil er einen vorliegenden Text nicht weiter als bis zum zweiten Satz zu lesen braucht.

„Das bedeutet, dass die Straße vorerst nicht zurückgebaut werden muss. Der Landbesitzer war der Ansicht, dass das Gebiet nur schutzwürdig ist, wenn die Straße abgerissen wird. Dem folgte das Gericht nicht“,
phantasiert ein Tobias Hartmann, NDR.
Fakt ist, daß weder ein Straßenrückbau noch eine dem Kläger zugeschriebene „Ansicht“ einer davon abhängigen Schutzwürdigkeit Verhandlungsgegenstand war, und dieses ebenso faule Ei gehört dem NDR-Hartmann an die weiche Birne geworfen.

Einzig die Stellungnahme des Wattenrates sowie der Bericht der taz gestatten eine sachliche Lektüre, die nicht des starken Magens bedarf.

 

Zurück zur Wirklichkeit … !

Umgehungsstraßenabriß, Feldzug, Schlappe, Rückbau…
nichts von alledem war Thema bzw. Gegenstand der gestrigen Verhandlung vor dem OVG Lüneburg:

Nach Aufnahme der erschienenen Parteien (Kläger, Ehefrau, Bev. RA Pohlmann für den Antragsteller -/- LKrs Wittmund: Bauamtsleiter Hillie, Mitarbeiter Frerichs, Dirksen (Umwelt), Bev. Prof. Louis) referierte die Berichterstatterin umfassend den bisherigen Ablauf der Plan- und Genehmigungsverfahren um die Umgehungsstraße.
Im Anschluß orientierten Vorsitzender, Beisitzer und Berichterstatterin im Beisein der Parteien die beiden beisitzenden Laienrichter über Ausdehnung und Grenzen von Zuständigkeits-, Schutz- und Bezugsgebieten anhand verschiedener Planunterlagen.
Danach skizzierte der Vorsitzende, VRiOVG Meyer-Lang, mögliche Abwägungsfragen, die durch die Kernfrage seines Ermessens ( > ob die Schutzwürdigkeit des Bereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung durch den Straßenbau endgültig verlorengegangen sein könnte) von Belang sein könnten.

Die Klägerseite zitierte diverse (unberücksichtigte) rechtliche und faktische Voraussetzungen für Unterschutzstellung aus entsprechenden Bezugsgesetzen, Urteilen und Beschlüssen und verwies auf die völlig abweichende Realität vor Ort.
Der Bevollmächtigte des Landkreises, Prof Louis, stieß mehrere für die Zuhörer weitgehend unverständliche Statements hervor und verstörte mit zahlreichen Anekdoten zu EU-Zumutungen aus seiner Zeit als Ministerialrat im niedersächsischen Umweltministerium.
Anm.:
Das MU als Aufsichtsbehörde hatte den illegalen Straßenbau nicht unterbunden, ebenfalls nicht der Landkreis Wittmund als Kommunalaufsicht. Das Land NdS hatte stattdessen 5,4 Mio € für den insgesamt 9 Mio € teuren Straßenbau zur Verfügung gestellt. Der Wattenrat hatte bereits 2003, vor Baubeginn, auf die Rechtswidrigkeit und die möglichen Konsequenzen hingewiesen.

Alsdann stellte das Gericht einvernehmlich fest, daß weitere Darlegungen nicht vonnöten, weil Bestandteil der Akte seien, protokollierte die Anträge im Wortlaut, stellte eine Urteilsverkündung nebst Presseerklärung für den Nachmittag in Aussicht, schloß die Sitzung und zog sich zur Beratung zurück.

Einzige Zuhörer übrigens waren Stadtdirektor Harald Hinrichs und Bürgermeisterin Karin Emken sowie zwei Esenser Bürger.
Von den verantwortlichen Esenser Politikern, die 9 Millionen € zum Schaden ihres Gemeinwesens versenkt hatten, war niemand erschienen; sie hatten Stadtdirektor und Bürgermeisterin wieder mal alleine losgeschickt, die allerdings auch so souverän waren, das Betreuungsangebot der beiden Bürger nicht wahrzunehmen.
Dafür soll sich Fokko Saathoff unverzüglich in einer Esenser facebook-Blase zustimmend zur (Fehl-)Interpretation des Urteils geäußert haben, das dort offenbar ohnehin niemand verstanden hat – policy by fb…!

Gegen 15.00 Uhr erfolgte die Verkündung entsprechend dem Inhalt der OVG-Pressemitteilung.

 

Das Urteil – eine Einordnung

Angesichts der erwartbaren fake-news einer Faule-Eier-Presse sowie der Propaganda, mit der Esenser facebook-Politiker prompt weiter Falsch- und Irrtumsmeldungen schüren, ist es angezeigt, über dieses Urteil und seine Folgen sorgfältig nachzudenken.

Zunächst war bereits in der Verhandlung auffällig, daß das Gericht keinerlei Moderationsinteresse zeigte sowie keinerlei Abwägungsleistungen darstellte.
Gewöhnlich nimmt ein Gericht die Ausführungen der Parteien entgegen, kommentiert und wertet diese, stellt sie in Kontext zu anderen Sachlagen, Rechtsnormen und Bedingungsrahmen aus ähnlichen Urteilen und Beschlüssen. Durchaus auch erfolgen rechtliche Hinweise an die Parteien und gar Folgeabschätzungen sowie Nachbesserungsvorschläge. Zumeist auch hebt ein Urteil mit seiner Begründung auf den Handlungsrahmen ab, der diesen oder jenen Beschluß zuläßt oder untersagt, folgt oder verwirft Einwendungen der Parteien, benennt und gewichtet diese und begründet dies.

„Politisches“ Urteil
Dies unterblieb ebenso wie eine Würdigung der klägerischen Vorträge in der Sache selbst, indem der Vorsitzende die meisten Aspekte auf die Ermessens-Frage eindampfte, ob eine Schutzwürdigkeit durch den Bau der Straße endgültig verlorengegangen sei.
Dahinter duckt sich nämlich die eigentliche Dominanzfrage  (der
Endgültigkeit!), die insofern dann nur noch eine rhetorische ist, als sogar in Tschernobyl ja wieder Leben entstanden ist, mithin nach der Katastrophe eine gewisses restliches Lebens-, also Schutzpotential wohl nicht völlig auszuschließen oder in Abrede zu stellen gewesen wäre, bzw. im Wortlaut des Urteils: „ein ausreichendes Entwicklungs- und Wiederherstellungspotential“ unterstellt werden könnte.
Daher hat das Gericht lediglich geprüft, ob der Verwaltungsakt dieser als aussichtsreich behaupteten Unterschutzstellung sich in die umgebenden Rechtslagen einfügt.

Wer also von unseren Facebook-Politikern nun propagiert, dies sei endlich der Einstieg in die Legalisierung des multiplen Rechtsbruchs Umgehungsstraße, sollte sich nicht empören, wenn das Urteil als ein „politisches“ klassifiziert wird – dessen Bestand übrigens zweifelhaft ist und bleibt, auch wenn sich das Gericht in eigener Sache hier Revisionsunzulässigkeit attestiert hat.
Zunächst aber wird dem haßjubelnden Untertan fälschlich, aber breit suggeriert, der Schwarzbau sei somit legalisiert und mit Abrißverbot behaftet.

Wenn das Schule macht …
In der Konsequenz und für den Alltag politischer Verwaltungspraxis bedeutete das Urteil, daß eine zuständige Behörde einen jeglichen Schwarzbau im nachhinein legalisieren könnte, wenn sie mit der behaupteten Hoffnung auf ein gewisses Entwicklungspotential (irgendeiner schutzbedürftigen Art) da eine Landschaftsschutzverordnung drüber legt – bestenfalls sogar über ein Industrie- oder Havariegebiet, wenn’s denn der politische Wille ist (der ja in der Regel doch nur aus der Unfähig- und Dünkelhaftigkeit erwuchs).

Möglicher Abriß rechtlich gesichert
Verkannt und verschwiegen wird nach wie vor, daß es in’s Ermessen des Klägers gestellt ist und bleibt, ob bzw. wann er die Straße abreißt !
Sie ist ihm als Eigentum zugewachsen, weil sie mit seinem Grund fest verbunden ist und falls die Stadt nach Aufforderung und Fristsetzung sie nicht beseitigt, hätte er die rechtlich umfassend gesicherte Möglichkeit der Ersatzvornahme mit der weiteren, ebenso sicheren Folge-Option, die Stadt alsdann für die entstandenen Kosten ersatzpflichtig zu machen und heranzuziehen.

Verstandesmensch, handelnd im Sinne des Gemeinwesens
Die Tatsache, daß der Kläger diese Möglichkeiten bislang nicht realisiert hat, würde z.B. ein Verstandesmensch, handelnd im Sinne des Gemeinwesens, als fortgesetztes Gesprächs- bzw. Verhandlungsangebot eines Bürgers werten und honorieren !
Und würde ein Verstandesmensch, handelnd im Sinne des Gemeinwesens, dem Bürger nicht auch in weiterem Schritt ein Kaufangebot über die Straße unterbreiten und pflichtige Abrißkosten abwägen?

Landentwertung drückt Entschädigungsanspruch
Ein Zweck dieser Landschaftsschutzverordnung bestand offenkundig und augenzwinkernd in der Entwertung des klägerischen Grundeigentums, das die Stadt ja als Bauland für sich in Anspruch hätte nehmen können!
Mit der Unterschutzstellung ist das nunmehr vereitelt und diese Möglichkeit nachhaltig zerstört, womit die Stadt auch die Möglichkeit einer kostenneutralen, gar gewinnbringenden Vermarktung von Baugrundstücken verwirkt hat.
Der kurzfristige, als Erfolg gegen den Kläger propagierte Effekt liegt nur  in der drastischen Verringerung seines Entschädigungsanspruchs auf das Niveau von geringwertigem trassendurchschnittenem Acker- o. Weideland.

Ortsentwicklung Bensersiel kaputtgemacht
Somit aber hat die Stadt Esens bzw. der Landkreis Wittmund damit den Ortsteil Bensersiel eines erheblichen Entwicklungspotentials beraubt und betreibt eine „Stadtentwicklung“, die an dieser Stelle mittlerweile recht zwanghaft der gemeinsamen Maßgabe administrativer List und Tücke zu folgen scheint, nur um den Kläger trickreich zu schädigen. Ein Verstandesmensch, handelnd im Sinne des Gemeinwesens, würde solches gar als Schnitt in’s eigene Fleisch diagnostizieren ….

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Nachtrag:
Die wieder mal umfassende und bewundernswert versachlichte Darlegung des Sachverhalts ist nachzulesen beim Wattenrat !

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