„Auge um Auge“?

„Auge um Auge“ –
Halbe Wahrheit als ganze verkaufen

 

AfH, 08.12.2018, Ausschnitt

 

 

Recht ausgewogen erscheinen Redakteur Hochmanns Wochenendartikel „Langer Irrweg…“ sowie sein Kommentar Auge um Auge…  auf den ersten Blick, weshalb sich stets ein zweiter lohnt – Sprache ist verräterisch.

„Bei Streitigkeiten gibt es drei Auswege: Entweder man verträgt sich (…) Oder man bekämpft sich immer weiter“ kommentiert der Redakteur, wenn er bis drei zählt, und bleibt zudem die Erklärung schuldig, inwiefern Weiterbekämpfen für ihn einer von drei „Auswegen“ sei.

Auch vermeidet Herr Hochman, den skandalösen Sachverhalt selbst klar zu benennen und zieht dazu Dritte heran, nämlich „Richter haben deutlich gesagt, was Sache ist: Diese Straße ist illegal gebaut worden.“
Das aber ist nur die halbe Wahrheit, die der Redakteur als ganze verkauft und zum Fluchtpunkt seiner Erzählung macht. Die andere Hälfte dazu lautet: Der Geschädigte ist unter mehrfachem Rechtsbruch enteignet (Volksmund: beraubt) und bis heute nicht entschädigt worden – das haben die Richter auch gesagt, sowie den Tätern „fortgesetztes, rechtsuntreues Verhalten“ bescheinigt, das „nicht erwarten läßt, daß [die Stadt] sich auch in Zukunft rechtskonform verhält“.

Das sind die beiden Hälften eines Sachverhalts, zu dessen Kenntlichmachung der Redakteur über Begriffe wie „Streitigkeiten“ (Plural), „Zwietracht“, „Zwist“, „verfahrene Situation“ bei aller Anstrengung nicht hinauskommt.
Man kennt das von VW, wo die organisierte Kriminalität von Wolfsburger Gewohnheitsverbrechern liebevoll als „Schummelei“ und einfühlsam die Verzweiflung der Täter beim Vertuschungstatbestand kolportiert wird.
„Man bekämpft sich (…) und schafft es nicht“, „am letzten Punkt angelangt“, „versucht, nachträglich zu retten“, „aber was (…) tun; sie muß ja versuchen (…) herauszukommen“, „fühlen sich alleingelassen“, „viel Geld (…) der Steuerzahler!“, „eingeladen fühlen, hierbei zu helfen“ … bei solcherart Empathie bleibt für den Geschädigten leider nur ein doppelter Konjunktiv: „eine mögliche Entschädigung für den Landbesitzer und Kläger würde in die Millionen gehen“ und impliziert absolute Unzumutbarkeit und Haftungsausschluß für die Verantwortlichen.

Schließlich sei dem Kläger noch ein „Gegenreflex“ unterstellt; das ist zwar AfH-typischer Doppelmoppel-Stil, liefert jedoch subtil die Berechtigung, das Etikett „Rache- und Vergeltungsgelüste“ dem Geschädigen alsdann anzuheften, suggeriert das dazu mit „offensichtlich“  als allbekannte Tatsache und verleiht schließlich dem Schreiber auch noch den Nimbus kritischer Besorgnis: „…helfen hier nicht weiter. Im Gegenteil.“

Das Fazit „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ schreibt dem Kläger im Volksmaulgeplapper einen besinnungslosen, alttestamentarischen Vollzugsrausch zu, dessen Ursprünge der Schreiber übrigens nicht annähernd verstanden hat:
Im Deuteronomium gilt der String „Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß“ u.a. für den Sachverhalt falscher Beschuldigung, „Tritt ein frevelhafter Zeuge gegen jemand auf, um ihn eines Vergehens zu beschuldigen, so sollen…“
Besser als im 5. Buch Mose hätt ich’s auch nicht sagen können – so ist der frevelhafte Zeuge in diesem AfH-Kommentar wohl einfach auszumachen…!

> wird fortgesetzt zu:  „Langer Irrweg – und kein Ende in Sicht“ <