Venceremos – SPD kapern

Mit freundlicher
Genehmigung
des Autors


Venceremos – Die SPD kapern
Romanvorabdruck

 

 

 

„Ich könnte mich dem JuPa annehmen“, dachte er, „das ist ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können.“ Der junge Ratsherr konzipierte seine Performance zum SPD-Assessmentcenter; am Mittwoch würde es soweit sein.
Fokko hatte es weiter hartnäckig „Vorstellungsgespräch“ genannt; mehrmals hatte er den Vorsitzenden darum bitten müssen. Zweimal hatte er danach Karin auf dem Wochenmarkt abgepaßt und darauf angesprochen. Sie hatten von Termindruck und Arbeitsklima geredet, aber gespürt, daß er die Ausflüchte nicht glauben würde. Schließlich hatten sie Heiko vorgeschoben, der angeblich zunächst taktische Bedenken geltend gemacht habe. Er war aber drangeblieben und beharrte auf seinem Angebot – und er hatte sie seine Leistungsbereitschaft spüren lassen!

Nun war es endlich soweit, eine Stunde vor der Ratssitzung würde ein 8-Augen-Gespräch stattfinden und er würde sie wissen lassen, wo bei den Heimatgenossen der Erneuerungsbedarf durch dynamische Nachwuchskräfte zu verorten sei.
Vor allem sollten sie sich über ein junges Gesicht freuen, alte Konzepte und Handlungsmuster hatten sie ja genug, das würde er gekonnt und diplomatisch kommunizieren. Mit einem Weiterso wäre eine nächste Kommunalwahl nicht zu gewinnen und deren Hinwendung zu jungen Menschen und frischem Wind würde ihnen zu Auftrieb und neuer Glaubwürdigkeit verhelfen, das würden sie ihm glauben, dafür würde er sorgen.

Noch war er ja auch mit Dave „im Gespräch“ und hatte ein weiteres Treffen nicht ausgeschlossen. Das wäre aber nur zweite Option, wenn Volker sowieso hinter Erwin rechtsrum läuft; der hatte ja schon mit Hermann sympathisiert, als die von Storch noch da gastierte. Jedenfalls würde man sich dann nochmals gut distanzieren können und er käme mit den Genossen mehrheitlich positiv populär rüber.

Seit seiner Trennung von Arno und Erwin war er ja eigentlich ohnehin voll auf Linie, die kritischen Themen und die ganzen Problemaktionen hatte er verlässlich außen vor gelassen und den öffentlichen Fokus immer wieder auf die städtischen Schönheiten und die besonderen Verdienste von Politik und Verwaltung gelenkt, so hatten sie ihn lange genug als loyalen Teil ihrer Gestaltungsmehrheit kennenlernen können („Gestaltungsmehrheit“ – auch so ein innovativer Begriff, den er mitbrächte) – jetzt müssen sie liefern!

Er hatte Heiko noch ein gewisses Spendenengagement am Heimatverein in Aussicht gestellt, das könnte letztlich der Türöffner gewesen sein; über das Ausmaß würde er aber noch zeitnah mit Vater reden müssen, und darüber, was jetzt endlich mit dem „Dauerstudium“ würde. Er würde verstehen müssen, daß er diese Partei nur als Vollzeitpolitiker und von innen heraus würde erneuern können, wenn er sie gekapert hat.

Der junge Ratsherr legte die Zahnbürste zur Seite, gurgelte und spülte.
„Die Zeit ist reif“, sagte er sich und der Blick in den Spiegel verschaffte ihm letzte Gewißheit…

 

Er erschrak von seinem neuen Klingelton …

 

– wird in Kürze fortgesetzt  –


weiterführend:
Wissen, was läuft – und wohin !
Die frühen Wechseljahre