Dachmarke – Lachmarke Teil 1 [mit update]

AfH, 17.04.2019, Bildausschnitt

 

Dachmarke – Lachmarke
Teil 1

 

Wer kürzlich wie gewohnt die Seite der Stadt Esens www.esens.de aufrufen bzw. mit einem der über 100 Links dorthin gelangen wollte, sah sich mit einer Fehlermeldung konfrontiert und landete nach tagelanger Nichterreichbarkeit dieser Adresse auf einer Startseite, wo dem Betrachter alsdann 13 Fenster gleichzeitig aufsprangen, ohne daß sich zunächst erschließt, wer denn diese nun eigentlich anbietet – und warum.

Zu „Highlights“ werden auch dort die 6 üblichen Veranstaltungen deklariert, die der sog. Stadtmanager bei seinen Hobbies Fotosmachen, Klassentreffen und Gruseligverkleiden gernhat, und wer da nach dem Ort sucht, öffnet nicht etwa einen externen Link, sondern fliegt beim Zurück von maps-google sogleich wieder ganz raus aus der Seite.
Unter „Veranstaltungen“ werden 381 Treffer behauptet, tatsächlich aber eine Endlosschleife aus zumeist wöchentlich sich wiederholenden Kinderprogrammpunkten etwa im Wattenhuus, die gleichermaßen in der AfH-Printausgabe regelmäßig, unablässig, immer wiederkehrend mit ihrer Phantasie- und Gnadenlosigkeit nerven – wie oft wird sie wohl gezählt, die sog. Familienrallye durch die 40 qm Wattenhuus …?

„Vereine“ gibt’s da nur einen in Esens, „Schlechtwetter“ aber zwo, „Senioren“ auch nur einmal, „Einkaufen“ ist 16 mal genannt (wer also Bernstein, Accessoires, Hösti-Bilder, Flammkuchen braucht und was da mehr vorkommen mag an Dingen des täglichen Bedarfs …); „Unterkünfte“ hat 3 Nennungen, „Gastronomie“ hat 5, inklusive Fischfabrik; „Museen & Sehenswertes“ 16, inklusive Fußgängerbrücke, Park und Wattenmeer – auf 18 käme man sogar mit zwo Sonnenuntergängen!

„Kinder & Jugendliche“ kommt auf 4 ( u.a. Schulen, Kindergärten, Mehrgenerationenhaus, das aber auch schon für „Senioren“ einsam platzhaltern muß); „Institutionen“ gibt’s in Esens 3, nämlich u.a. das Mehrgenerationenhaus.
Update:
Die aufploppend-anspringenden Fenster wurden geändert:
„Institutionen“  heißt jetzt „Leben in Esens“ und wurde ergänzt um den Punkt „Notrufnummern“ –  Satire … ?

Und „Gesundheit“ verfügt über ganze 4 Repräsentanten, nämlich 1x Apotheke, 1x Sanitätshaus, 1x Nordseetherme und 1x Esens-Bensersiel – insgesamt also ein signifikantes Dokument komplexer Unterversorgung auf dem Niveau eines Zonenrandgebietes, was wohl die Förderung durch „Land(auf)Schwung“ rechtfertigen soll.

Dies aber kann den Be- und Erstellern dieses Digitalschrott-Erzeugnisses wohl kaum vermittelt werden, solange sie in dessen Kontext nach wie vor von der „gemeisterten Herausforderung Digitalisierung“ plappern und die hier präsentierte Verwüstung immer noch selbstgefällig als „Destination“ und sich selbst und ihr skurriles Inserentenprofil als deren „Leistungsträger“ bezeichnen.

Unter den 4 verschiedenen Titeln „Stadt“, „Wirtschaft“, „Tourismus“ und „Kultur“ auf derselben Seite sind dann dieselben schmächtigen Nennungen nur nochmals anders gemischt und verknüpft – eine programmiertechnische Profileistung – der fehlende Inhalt bleibt derselbe.
Eingemischt ist mit „Politik“ und „Verwaltung“ nun noch ein Link auf die ursprüngliche Seite der Stadt Esens, der einen Großteil der bezeichneten Mischwaren nochmals in anderer Form wiederholt und abbildet.

Herrschaftszeiten, wir erinnern uns mit Wehmut: Früher wurde der Müll getrennt in Sorten, Fraktionen, die als separierte Wertstoffe eine Wiederverwendungszukunft hatten – hier wird er zusammengekippt, durchgerührt und online gestellt, brauchte auch noch „Vorüberlegungen“ ab 2017, kostet 12.500 €, zuzüglich 250 € für jeden Inserenten, zuzüglich 50 € p.a. „Hosting-Gebühr“ – und hat deshalb und dennoch keine Zukunft, weil er als toxische Mischung schlimmster Sorte auf einen völlig gesättigten Markt geworfen wird.

Dieses Gemischtwaren-Erzeugnis „Dachmarke“ zu nennen, stellt es in eine Reihe mit den -zig anderen Dachmarken, wie sie immer wieder in den meisten Küsten-, Urlaubs- und sonstigen Regionen bedarfs- und sinnfrei neu entstehen (und ebenso schnell wieder verschwinden), wenn jemand „Digitalisierung!“ ruft, damit ein Überbau entsteht, ein Overhead, der sich selbst genügt und finanziert, wie die öffentliche Förderung läuft.

Warum aber gibt eine Stadt ihre signifikante Domain www.esens.de preis und legt sich mit dazu in ein so blindes, unaufgeräumtes Flohmarkthallen-Schaufenster?

Das will beleuchtet werden. Mehrteilig.

„Nur ein Klick und Esens-Bensersiel öffnet ein Schaufenster, das es bisher so nicht gab“ schreibt dazu der AfH-Redakteur Händel – Ja kuck, möchte man hinzufügen, so funktioniert das Internet: Ein Klick und es öffnet sich ein Schaufenster – oder ganzganz viele! Die Frage aber ist, wen dieses Konvolut interessieren soll, da die betreibende AEU ja noch nicht einmal all ihre eigenen Mitglieder zur Teilnahme begeistert bzw. dienstverpflichtet kriegt.

Lyrisch kommen auch die weiter gepriesenen Vorzüge daher: „Die neue Internetpräsenz vereint nicht nur die Stadt Esens und das Nordeseeheilbad Bensersiel“, als hätten die bislang unter ihrer Trennung gelitten oder sich gar bekämpft und weshalb sich Folkerts‘ Markant-Markt jetzt in Esens verortet !
„Es [die Präsenz!] zeigt das volle Angebot von Stadt, Tourismus, Kultur, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Vereinen“; und vor allem treibt es dem Leser mit dieser abwegigen Behauptung die Kullerlachtränen in die Augen, denn diese Performance ist ja auch nur das, was in der verhungernden AfH-Printausgabe als Rubrik „Wichtige Internet-Adressen“ selbst Oma regelmäßig schmunzeln macht.

„Alle Marktteilnehmer“ wolle er dort „abholen, wo sie stehen“, verkündet AEU-Vorstand Backenköhler. Alle – man beachte den Universalanspruch! Und wüßte er, wo sie stehen, könnte er sie auch finden, aber er findet sie nicht.

Und was sind Marktteilnehmer ? Und auf welchen Märkten? Sie lauten: „Vereine, Gastronomie, Ärzte, karitative Einrichtungen, Apotheken, Handwerk, Verwaltung, Tourismus“… aber das alles sind sehrsehr unterschiedliche Märkte, Herr Vorsitzender – und deren Teilnehmer erst: Patienten, Kunden, Untertanen, Bürger, Antragsteller, Schulschwänzer, Gläubige, Autofahrer, Tierliebhaber, Mitglieder, Segler, Dachdecker, Pastoren, DJs, Genossen, Skater, Gesangsfreunde, Bewohner, Markeninhaber, Putzhilfen, Thekenkräfte, Bauamtsleiter, Geflügelhalter, Urlauber, Tischlergesellen, Umschüler, Pflegebedürftige, Auftraggeber, Wähler, Marktbeschicker …. und und und…. groß wird das Gedränge unter diesem Dach, aber warm steht in dieser Ursuppe, wer zwei Beine hat, denn „alle Marktteilnehmer sind sichtbar und erreichbar“, das Durcheinander „sei zeitgemäß und übersichtlich“ erklärt Markus Backenköhler.

Na dann … es paart sich starker politischer Wille mit Förderaussicht; sie kompensieren die erbärmliche Konzeptionslosigkeit.

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