Blindes Auge, schützende Hand

 

Blindes Auge,
schützende Hand

 

 

 

 

„Hitler-Gruß auf Langeoog: Verfahren eingestellt“ titelt, stets eigener Wahrheit verpflichtet, der Anzeiger für Harlingerland vom 06.03.2020 und beteuert – weil’s nötig ist – gleich dreifach dazu: „Vorwürfe nicht erwiesen“.

 

Bei solch guter Nachricht fällt dem besorgten AfH-Leser ein Wackerstein vom Herzen – und schmerzhaft auf die Füße, wenn er den Wortlaut der staatsanwaltlichen Einstellungsmitteilung (NZS 520 Js 15129/19) damit abgleicht: „Obwohl der Beschuldigte die Tatvorwürfe bestreitet, dürfte aufgrund dieser Zeugenaussagen feststehen, dass es tatsächlich zu solchen Parolen durch den Beschuldigten gekommen ist sowie „Nach dem Gesagten ist festzustellen, dass der Beschuldigte solche Parolen (…) offensichtlich getätigt hat.

Jawattennu, sagt der Verstand, und neben der brennenden Frage, in welchem Gewohnheitshabitus jener (ehemalige) Langeooger Tourismusmanager und SPD-Vorstand Mario Kramp seine Funktionen bewältigt haben mag, funkelt des Lesers Wunsch zu erfahren, was in einer Redakteursbirne klopft, die gleich dreifach diametral das Gegenteil von der staatsanwaltlichen Erklärung  behauptet!

Ist’s der übliche Dingdong aus Dusseligkeit und Rechercheverzicht, ist’s die urtümliche SPD-Verbundenheit eines online-Redakteurs, ist’s der Reiz im fake-Produktionsprozeß, ist’s die zwanghafte Disposition zur Erzeugung nur guter Nachrichten vor allem für’s Langeooger Soziotop, ist’s gar unverhohlene Sympathie für den untätigen Dienstherrn und den ihm Anvertrauten?

Tja, komplex ist das redaktionelle Syndrom, das den belegten alltäglichen Hitlergruß des Touristikers noch nicht mal als Taktlosigkeit redigiert, sondern zur Lüge kehrt.
Komplex ist also auch die Anamnese. Diese presswesentliche Berufskrankheit bekannte einst der AfH-Redakteur Manfred Hochmann daselbst in eigener Sache als „Eskapismus„. Dies erklärt das meiste, so auch die empathiegeladene AfH-Nacherzählung der rechtsanwaltlichen Belastungsreklamation zum engsten Umfeld des Hitlergrußaugusts – wiederum dreifach zitiert dessen mitleidende Familie – und man fragt sich, wie denn in einer Familienaufstellung solch mental drückende Beschmutzung eines Nazi-Kostüms vonstattengegangen sein könnte, das ja letztlich durch die AfH-Presse nun wieder als gründlich gereinigt gelten darf.

Begründet aber wird die Einstellung der staatsanwaltlichen Ermittlung mit einer fehlenden Öffentlichkeit des Sieg-Heil-Begrüßungsrahmens – und gestattet somit straffrei die Grußformel in eben anderem Rahmen: Firmenfeier, Betriebsversammlung, Gästeansprache, Mitgliederforum, Parteiplenum etc..

„Entscheidend dabei ist nicht die Öffentlichkeit des Verwendungsortes an sich“, befindet Herr StA Laumann, „sondern die vom Täter nicht überschaubare kommunikative Wirkung der Verwendung.“ Solche nämlich erlaubt dem Hitlergrußaugust, die subjektive Überschaubarkeit (z.B. des Publikums in vollem Saale) im Verhältnis zur eigenen Position zu empfinden, je nachdem, ob er vom Hocker, Stuhl, Podest oder von der Bühne grüßt, unter Dach oder freiem Himmel – gibt er sich jedenfalls hernach erstaunt ob des Zuspruchs, bleibt’s ebenfalls straffrei. „Das allerdings immer nur einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis gegenüber und immer in geschlossenen  oder  abgetrennten Räumlichkeiten“.  Siehstewohl.

Das ermöglicht natürlich der Langeooger Tourismuswirtschaft „unter Betrachtung der Gesamtumstände“ bei fruchtbarer Kooperation zwischen Dienstherrn und schutzbefohlenem Siegheiler eine neue, sehr breite, Zielgruppe mit aktuell erheblichem Wachstumspotenzial. Denn gerade die Verheißung der Straffreiheit vermag als Alleinstellungsmerkmal, gar Leuchtturmprojekt, für diverse angesagte Grußaugusts und deren Fangemeinden diese Destination überaus weiter zu ertüchtigen.

 

Punkt

 

Nachtrag:

Vollumfänglich entlastet
   behauptet dazu der Anzeiger für Harlingerland (11.03.2020) in einem erläuternd sich gebenden Nachschlag zum o.b. Fake-Bericht und erweckt den – irreführenden – Eindruck, dies sei zitiert aus der staatsanwaltlichen Stellungnahme.
Tatsächlich aber stammt dieser Wortlaut keineswegs aus der Begründung und Einstellungverfügung der Staatsanwaltschaft, sondern – im Gegenteil – aus der Presseerklärung des Täteranwalts – ein Sachverhalt also, den der Anzeiger wiederum gekonnt unkenntlich macht !