Kein Gewinn für Bensersiel IV – Etikettenschwindel

 

Kein Gewinn für Bensersiel IV

 

 

Multipler
Etikettenschwindel

 

 

In der Tat, es konnte einem wirklich langsam zum Hals raushängen, die immergleiche Verwertungsliturgie dieser Sorte „Vorhabenträger“ zur Quartiersentwicklung von Bensersiel, die einer ungetrübten politischen Hoffnung auf Inwertsetzung des Ortes stets aufs neue und doch wieder nur ihr freches, dreistes Verwertungsinteresse entgegensetzen, unterjubeln und reinzwiebeln.

An ihren Vorlagen läßt sich ermessen, für wie bescheuert sie die politischen und administrativen Entscheidungsträger halten.
Indes, ein Lichtstrahl blitzte auf am Bensersieler Horizont während der vergangenen Bauausschußsitzung, da dem Vorhaben „Tiny House Resort“ am Taddigsweg einen flotte Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Erstellung eines Vorhabenbezogenen Bebauungsplans zunächst versagt werden konnte.

In der städtischen Bauausschußsitzung vom 19. November 2024 war dem Geschäftsführer des Vorhabenträgers Friesische Huus & Heim, Dirk Brand, im Ergebnis das Ersuchen mitgegeben worden, die vorgelegten Plan-Draufsichten dergestalt zu visualisieren, daß die Zuordnung der 40 Baukörper untereinander deutlich würde.

Auf der Basis des Grundrißlageplans hatte exit-esens daraufhin mit Vergnügen verschiedene Ansichten, u.a. Vogel- und Anflugperspektiven, fertigen und den führenden Bauausschußmitgliedern am 21. Februar 2025 zukommen lassen und an dieser Stelle veröffentlicht und kommentiert.

Der Vorhabenträger selber brachte dann eine neue Projektkonzeption in die Bauausschußsitzung am 17. Juni 2025 mit, die von Georg Hölting vorgestellt wurde, die Kardinalfrage der aussagekräftigen Visualisierung jedoch weiter ziemlich unbearbeitet gelassen hatte. Stattdessen pries Herr Hölting die angeblichen Konzept- und Planungsnovitäten, die sich allerdings im Verlaufe als eine Reihe von Etikettenschwindeln erwiesen.

 

Nomenklatur

So hieß die ursprüngliche Deichdorfferienanlage Taddingsweg des Herrn Brand jetzt bei Herrn Hölting Tiny House Resort, was sogleich einen zwiefachen Etikettenschwindel beinhaltet.
Der Begriff Tiny House knüpft an die Assoziation einer kleinen mobilen Wohnunterkunft, wie sie z.B. als Cubes oder Humbles auch Bensersiel und Harlesiel  schon bereichern. Der Begriff Resort bezeichnet eine touristische Hotelanlage mit Freizeit-, Erholungs- und Unterhaltungsangeboten.
Weder das eine noch das andere trifft hier zu: die sog. Tiny Häuser sind hier massive, voll erschlossene, immobile Baukörper auf erforderlicher Betonfundamentplatte, und das sog. Resort offeriert außer Beherbergungsschlaf keinerlei weiteres Angebot.
Eine diesbezügliche Nachfrage des SPD-Vorsitzenden Fokko Saathoff ließ Herr Hölting dann wohl im Raume stehen.

 

Überraschung

Mitgebracht hatte er aber den Ausschußmitgliedern Übernachtungs-, Belegungs- und Buchungszahlen 2022-2024 vom Esens-Bensersieler Tourismusbetrieb aus dem ganzen Landkreis einschließlich Inseln, um ihnen einfach mal ihre aufstrebende Tourismuswirtschaft zu verdeutlichen und daß da auch im Winter was los sei; aber das richtig abzuschöpfen, bedürfe es eines Hotels – und am Aquantis zerschellt bereits der Sinn dieser Aussage.
Daß er noch für jeden einen Gezeitenkalender dabei hatte, ist natürlich Quatsch.

Zudem habe er die Anzahl der Häuschen von 40 auf 37 reduziert und deren Wohnfläche verkleinert; und es wurde ein vergrößertes Wirtschaftsgebäude für ganzjährigen Hotelbetrieb dazugeplant.

Eine weitere neue Besonderheit eröffnete Herr Hölting dann: „Der entscheidende Punkt: Es muß des Gästen gefallen!“
Zu diesem Zwecke habe man die österreichische Firma wood-space für Holzmodulbau als Partner gewinnen können und unterlegte dies mit einem Gruppenfoto des wood-space-Teams.
Allerdings erweist sich deren sog. „Vollholzmodulbau“ bei näherem Hinsehen de facto als gewöhnlicher Holzrahmenbau mit gedämmten Sandwichmodulen. Und dies ist auch keine spezifisch österreichische Spitzentechnologie, sondern Anbieter dieser Bautechnik finden sich bei einer Umkreissuche von <100 km um Esens zuhauf, so daß sich die Frage erledigt, was am Modultransport für 38 Baukörper von Österreich nach Bensersiel so „ressourcenschonend“ (Konzepttext) sein soll.
Im übrigen mögen Material und Technik, die im Umkreis selbstverständlich genauso verfügbar sind, doch bittschön vorrangig die örtlichen Betriebe erfreuen.

 

Keine Haustechnik

Ein weiterer Etikettenschwindel findet sich in der neuen Darstellung „Lageplan Konzept“:
Hier
sind die Zuwegungen zu den Baukörpern nunmehr als filigrane, feine Linien nur angedeutet und als „Pfade“ beschrieben, um den Eindruck von komfortabler Gelände-Struktur und großzügiger Räumlichkeit vorzutäuschen. Diese Pfade sind in der neuen „Visualisierung“ jedoch als Schotterwege von mindestens 1,20m Breite entwickelt!
Der entsprechende Hinweis von Fokko Saathoff dazu blieb unbeantwortet, jedoch ist dies sehr aufschlußreich für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Planungsvorlage hinsichtlich Haustechnik und Erdarbeiten.

Sowohl in der Alt- als auch z.T. in der Neuvorlage der Planunterlagen ist für jedes Häuschen eine Wärmepumpe vermerkt, deren Unsinn bereits thematisiert worden war.
Fokko Saathoffs Nachfrage unter anderem zur Geräuschentwicklung wurde von Herrn Hölting flott gekontert: „Das machen wir jetzt zentral.“
Die Hemdsärmeligkeit dieses Statements wird offenbar, wenn man im vorgeblichen „Hotel- u. Wirtschaftsgebäude“ die entsprechende Haustechnik sucht. Eine Fernwärmezentrale für die 37 Baukörper erfordert ein Aggregatvolumen, das in etwa der Anlage hinter dem Esenser Sparkassenbau entspricht! Dazu gibt’s hier keinerlei tatsächlichen Planungsgedanken.

 

Kollossaler Abtrag

Abgesehen vom Geräuschaufkommen erfordert solches Fernwärmenetz entsprechende Leitungsgräben. Hinzu kommt die sachgerechte Auskofferung für die in der Visualisierung dargestellten Schotterwege sowie die Betonbodenplatten der 38 Baukörper, für die zentrale Straßentrasse, sowie für die 40 Parkplätze, für die sonstigen befestigten Flächen und für das Regenrückhaltebecken.
Übrigens sind für Bensersiel bei Vorhaben ab 5 Wohneinheiten pro Wohnung 1,25 Parkplätze verpflichtend, so daß hier mindestens 50 Parkplätze erforderlich wären!
Das bedeutet, daß das gesamte Areal ! (mit Ausnahmen von 1000 qm nördlicher Grabenabstandsfläche) zunächst vollständig abgetragen werden und alsdann unterschiedlich tief ausgekoffert und gegründet werden muß, worüber das vorgelegte „Planungskonzept“ völlig aussagelos ist, weil es de facto gar keine Haustechnikplanung gibt !

Der Hinweis, welchen Beitrag denn Photovoltaikanlagen zur Energieversorgung leisten sollen, wenn sie nach Norden ausgerichtet sind, wurde von Herrn Hölting in Abrede gestellt – „Natürlich weisen unsere PV-Anlagen nicht nach Norden“ – und belegte einmal mehr den Fake-Charakter seiner angeblichen Neukonzeption: Im präsentierten Plan wurden nur die alten Grafikbausteine etwas anders sortiert, so daß weiterhin 25 Anlagen nach Norden, 6 nach Osten, 3 nach Westen, 3 nach Süden zeigen.

Zwar trug Herr Hölting im folgenden gern aus dem „Konzept“ vor; warum aber das ganze ein „neues, hochwertiges Beherbergungskonzept“ darstellen soll, vermochte er nicht zu begründen; ebensowenig, warum „junge Paare, Familien und Freundeskreise“ Bensersiels neue Zielgruppe wären, denn es liegt dem ja keinerlei Kenntnis, geschweige denn Analyse der bestehenden Strukturen und Angebote zugrunde!

 

Historische Experimente

Und daß „Kurse, Seminare, Workation-Gruppen“ eine „ganzjährige Auslastung“ garantieren sollen, ist ein Treppenwitz gegen alle lokalen Vermieter und Touristiker, den auch Fokko Saathoff unter Verweis auf solche bereits mehrfach gescheiterten Ambitionen (Strandportal, Aquantis) richtigzustellen wußte.
Solches halluziniert ja, daß junge, woke, urbane Startup-Teams den Winter in B’siel verbringen, weil dort die multifunktionale Infrastruktur so klasse wäre – extrem lächerlich und völlig ohne Ahnung und Analyse der lokalen Tourismusstruktur, -angebote und -zielgruppen.

Auch Herrn Höltings dargelegte Annahme, daß außerhalb der Saison ein gewisser Erholungswert ebenso in der Stille der fehlenden Vollbelegung läge, hieße dann im Fazit: Ein Mehrwert ist, wenn im Winter nix los ist, und Workation geht dann besser, wenn keine kinderreichen Familien drumrum toben.
Im Gegenteil, die Selbsttitulierung als „neu, zeitgemäß, abseits klassischer Ferienhausstrukturen, hochwertiges Konzept“ diskreditiert abermals das bestehende Bensersiel, ohne es überhaupt zu kennen und ermittelt zu haben!

 

Worthülsen

Eine elementare Oberflächlich- bzw. Kenntnislosigkeit manifestiert sich in einem weiteren Etikettenschwindel: „Hotelbetrieb„!
Man muß nicht erst eine DTV-Definition  bemühen, um herauszufinden, daß ein Hotel ohne tägliche Zimmerreinigung und wo’s nichts zu essen und nicht mal’n Kaffee gibt, gar manches ist, aber kein Hotel.
Bei Friesische Huus & Heim bedeutet „Hotel“ nur:  Anmeldung+Rezeption; aber die Sesselecke davor heißt hier Lounge und der Saal dahinter Multifunktionsraum für Events, open space und meetings, sowie Lager, Wäsche und Technik.

 

Ad-hoc-Hotelier

War das bei der letzten Performance noch ein „leistungsfähiger Rundum-Betreiber„, den der Vorhabenträger Herr Brand vor Ort suchte, ist das jetzt ganz anders.
Zwar hat Friesische Huus & Heim bislang noch nie überhaupt ein Vorhaben, geschweige denn ein Hotel, selber bewirtschaftet, aber jetzt auf Nachfrage von Bürgermeisterin Karin Emken werde nämlich Herr Hölting das Hotel selber leiten – eine schneidig-spontane Entgegnung im Wortklang eines angehenden Existenzgründers !
Und weil’s ja auch, ebfls. auf Nachfrage, im Hotel nichts zu essen gibt, so ließ sich der Performer Hölting von Bm’in Emken auch zu wenigstens dem Gedanken eines Brötchendienstes anregen ! Hmm.

 

Alte Hausaufgaben

Im weiteren ersuchte Frau Emken noch um die Visualisierung eines Raumkonzepts für Hotel und Beherbergungsshäuschen und verwies bezüglich des veränderten Baukörperdesigns auf erforderliche Dachüberstände wegen Schlagregens.
Rm Dave Münster für die EBI bemängelte die nach wie vor fehlende hinreichende Visualisierung in verschiedenen Perspektiven und real sichtbare gliedernde Elemente an den Gebäuden zur optischen Milderung des Containerzuschnitts und weniger grafische Idealisierung.
Auch Rm Mammen (Grüne) und Siebo Siebelts (CDU) wünschten erneut eine Visualisierung in verschiedenen Perspektiven und letzterer freute sich noch angesichts der geplanten Holzfassaden im Seeklima bereits auf die prosperierende Auftragslage für’s örtliche Malerhandwerk.
Kriegen wir hin, nehm‘ ich mit„, versprach Herr Hölting.

 

Merkwürden

Gleichwohl wirkte es durchaus etwas bizarr, daß der Vorhabenträger nun wiederholt um diese Visualisierung gebeten werden mußte – und diesmal verbietet die Selbstachtung dem exit-esens-Schriftführer, abermals seine Nichte um Fertigung solcher Draufsichten etc. zu bitten, wie er sie im Februar den führenden Ausschußmitgliedern zukommen ließ !

Überaus bizarr aber wirkte die Personalkonstellation in dieser Aufführung:
Anwesend waren im Raum Stephan Müller (PGN Projektgesellschaft Nord), also der bezeichnete Planer der Unterlagen zur Projektkonzeption, sowie Dirk Brand, Geschäftsführer bzw. Investmentgesandter der Friesische Huus & Heim – der als Performer der Bauausschußvorführung vom 19. November 2024 auch Verursacher der offenen Fragen war.

Beide saßen aber im Publikum und studierten sowohl die unzulängliche Präsentation von Georg Hölting, der alte Fragen ziemlich unbeantwortet ließ und neue aufwarf, als aber auch die Reaktionen der Ausschußmitglieder, ohne daß da irgendeine Interaktion vonstatten ging !?

Irritierend ist zudem, daß Herr Hölting, der hier im Ausschuß nun schon den Hotelier gab, zuletzt noch als Journalismusstudent an der Hochschule Magdeburg-Stendal in Erscheinung getreten war und in keinerlei unmittelbarem Geschäftskontext zu Friesische Huus & Heim steht!

Irritierend ist weiter, daß die vorgelegte (PGN-) Planung fortgesetzt und hartnäckig weit unter dem Level eines Architektur-Erstsemesters verharrt – indes, die Visualisierungen, die exit-esens dazu am 21. Februar publizierte, hatte nämlich eine Architekturstudentin in 2 Stunden erstellt !

 

Unbeteiligt beteiligt

Dirk Brand war zuletzt als Geschäftsführer der Friesischen Huus & Heim vorgestellt worden. Diese existiert aber nur auf dem Papier ohne jegliche Geschäftstätigkeit und als Hülse.
Deren persönlich haftender Geschäftsführer ist die Hanseatische Verwaltungsgesellschaft mbH und ihre Kommanditisten sind Dirk Brand zu 20% (= 800 €) und eine Heimstätten GmbH zu 80% (= 3.200 €).
Brand ist auch alleiniger Geschäftsführer der Hanseatischen Verwaltungsgesellschaft mbH, die als Maklerbüro ohne weitere Geschäftstätigkeit agiert.

Alleinige Geschäftsführung der o.g. HeimstättenGmbH ist Jaqueline Hölting.
Diese ist mit Georg Hölting nicht nur mütterlich verbunden, sondern auch in der Interna GmbH (Georg Hölting 30%, Karolin Hölting 30%, Jaqueline Hölting 40%).
Geschäftsführer dieser Interna GmbH sind Georg Hölting und Jaqueline Hölting (Januar 2025).
Zudem verbunden sind beide in der Integral AG (März 2025) als Vorstand und als Geschäftsführung.
Weitergehende Verbindung bestehen zwischen HeimstättenGmbH zu Heimstätten II GmbH & CoKG Wohnen und Gewerbe und zu Heimstätten III GmbH & CoKG Wohnen und Gewerbe.

[Stand: heutiges Datum – Es gelten, wie beim Lidl-Gemüse, die aktuellen Tagespreise und -konstellationen!]

Die aufgeführten sind Holdings und Beteiligungen des Immobilien- und Investmentmarktes zur Erzeugung von Betriebsgeräuschen ohne jegliche Geschäftstätigkeit.

 

Graue Divergenz

Divergenz bezeichnet die Trennschärfe zwischen Antragsteller, Ansprechpartner, Performer, Eigentümer, Planer, Geschäftsführer, Kommanditist, alleinhaftender Gesellschafter und wer was zu sagen hat: > Mit wem verhandeln wir eigentlich?
Vor dieser Investmentkulisse bleibt zunächst die Frage offen, für wen aber Georg Hölting im städtischen Bauausschuß aufgetreten ist (da ja bislang kein Bezug zu Friesische Huus & Heim besteht) bzw. wie belastbar oder verbindlich Aus- und Zusagen sind, die in diesem Kontext getroffen wurden.

Update
Herr Hölting hat sich der Redakteurin des Anzeigers für Harlingerland, Sabrina Holthaus – „im Gespräch mit dieser Redaktion“ – wohl als „Projektmanager“ vorgestellt. Was dann dort über die Genesis des Gesamtvorhabens verstanden wurde, ist erwartungsgemäß deprimierend  hier erzählt.

Es sollte den Verwaltungs- und politischen Entscheidern auch nicht gleichgültig, sondern festzustellen sein, wer eigentlich laut Grundbuch der tatsächliche Eigentümer des Areals Taddigsweg-Friesenstraße ist – Körperschaft, natürliche Person, … ? – was prinzipiell unproblematisch ist, weil jeder örtliche Immobilienkaufvertrag zwecks Vorkaufsrechtsverzichtserklärung über den Schreibtisch der Stadt Esens geht !

 

Knietief

In der Gesamtschau läßt die völlig fehlende Ernsthaftigkeit der bisherigen Aufführung hinsichtlich Entwurfs- und Planungsninveau, Vortragsqualität, Vermittlungstiefe und kooperativer Verläßlichkeit den bösen Schluß zu, daß der Antrag des Vorhabenträgers auf Aufstellung eines B-Plans sowie Änderung des Flächennutzungsplans gar nicht der Realisierung des Vorhabens, sondern lediglich der Aufwertung des Areals (von derzeit landwirtschaftlich genutzter Fläche zu touristischem Wohnen) zum Zwecke des Weiterverkaufs dienen soll.

Da schließt sich die Frage an, welche vertragliche Notbremse dazwischenzuschalten wäre, da Bensersiel vielleicht schon wieder mit einem Bein in einem verheißungsvollen Schachtelkonsortium steht.