ParkART – Die Große-Ansichtskarten-Ausstellung

 

AfH, 02.07.2018, Ausschnitt

ParkART – die Große-Ansichtskarten-Ausstellung

Schön, wenn jemand ein Hobby hat, dann kommt er nicht auf dumme Gedanken.
Noch schöner aber, wenn er beides miteinander verbinden kann.

Seit dem 01. Juli nun präsentiert sich Esens mit Ostfrieslands erster Große-Postkarten-Ausstellung unter Gottes erbarmungslosem freien Himmel in einem Gemenge aus imposanten Superlativen: 130 qm bedruckte Fläche, 19 Hobbyfotografen, 10 Standorte, 30 Bauzäune, 28 großformatige Fotos (77 weiß gar der Anzeiger vom 02.07.), 35 Reklamepartner, 12 Stammtischtreffen zur Bildauswahl, dazu ein extra Beauftragter für interne und externe Kommunikation – das alles aus einer einzigen winzigen Keimzelle, nämlich jener „Idee“ des Stadtmanagers Adalbert Oldewurtel.

ParkART auf Schloß Clemenswerth in Sögel bezeichnet seit 10 Jahren das wunderbare Stelldichein zahlreicher Kunstschaffender verschiedenster Genres zu einem mehrtägigen sommerfestlichen Forum und Markttreiben, dessen fleißige Organisatoren aber weder diese Marke noch diese domain sich schützen bzw. reservieren ließen!

Daß ein Esenser Stadtmanager mit Fotostammtischdeckel daraus einen Gedanken generieren könnte, wäre durchaus plausibel; unter Kunstvermutung gerät dieser jedoch erst durch dessen selbstgefällige Inbezugsetzung zu Worpswede, der namhaften Künstlerkolonie. (Auf die Pyramiden-Idee für Esens darf man gespannt sein, wenn Herr Oldewurtel von der Klassenfahrt nach Ägypten zurückkommt.)

Verfestigt sich weiterer Kunstverdacht so aufdringlich wie zweifelsfrei durch diese Selbsttitulierung ParkART (ars sui ipsius gratia – Kunst von eigenen Gnaden!), so erhärtet er schließlich durch seine Inszenierung im öffentlichen Raum, durch die Hinzuziehung eines „künstlerischen Beraters“, sowie die Verwendung des „Sponsoren“-Begriffs, der ja zunehmend auch in den Kunst- und Kulturbereich eingewandert ist.
Daß Sponsoren und Stammtischakteure in Rollen- und Personalunion sich hier gegenseitig sponsern, ehren und danken, irritiert den Betrachter zunächst zwar, mag dann aber als typisches Merkmal eines laufenden Kulturbetriebs hingenommen werden.
Die zusätzliche Anzeigentafel listet dann aber auch alle Werbetreibenden auf, die hier im öffentlichen Raum für sich Reklame machen.

Schließlich aber und im übrigen sollte hier als finaler Kunstbeweis gelten, daß eine mittlerweile unüberschaubare Community mit zahllosen Varianten der ausgestellten Stammtisch-Motive (Pusteblumen, Windmühlen, Sonnenauf- und -untergänge, Lämmer) sich täglich die eigenen facebook-Auftritte stets kreativ individualisiert.

Somit braucht die undankbare wie banale Frage, ob das Kunst sei, hier nicht behandelt zu werden, weil sie spätestens vor Ort bereits umfassend beantwortet wurde:
„Die Herausforderung war es, die Bilder von den kleinen Chips in den Kameras auf die großen Folien zu bringen“, erklärt ein Stammtischangehöriger.
Und der künstlerische Berater richtet, da der Aufführung völlig die message fehlt (also Botschaft, Sinn, Aussage und Anliegen), an die Betrachter die verzweifelte Bitte: „Suchen Sie nach einer Geschichte!“
Und auch die Bürgermeisterin klassifiziert den vorgezeigten Kulturbegriff: „Der Fotostammtisch dekoriert das Schaufenster der Stadt.“

Das hätte ich nicht besser sagen können, und weil noch Platz im Park ist, empfiehlt sich als Dialog-Skulptur ein Exponat des Hartwarder Knobelstammtischs: CubeART, 3 x 3 x 3 m, begehbar.

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Nachtrag

Wäre es nicht eine passable Idee, zur Finissage die Exponate zugunsten der Esenser Tafel zu versteigern? So erlangte diese Kunst dann doch noch einen Hauch von gesellschaftlichem Bezug.