Cancel Culture
Nachdem die Kinder unter Androhung körperlicher Gewalt, mit List, Tücke und Sekundenkleber an dieser Figur fixiert worden waren, trat nicht etwa der Kinderschutzbund auf den Plan, sondern ein Spaßmacher mit der steilen Behauptung, die Figur sorge für Stimmung bei Groß und Klein.
Einzig das Mädchen links verfügte noch über gesunde Skepsis, die anderen waren bereits durchtraumatisiert.
Für ihre versteinerten Antlitze wurden die kleinen Wesen dann mit Taschengeldentzug und FrühinsBett sanktioniert und die verantwortlichen Esenser Kunstbanausen dekretierten: „Diese Kulturveranstaltung gilt als Begriff für eine aufgeschlossene, tolerante Gesellschaft.“ Aha.
Wer aber Kleinkunst in die Suchfunktion eingibt, findet gar manches, das der Aufklärung, Unterhaltung und Erkenntnis sich verschreibt, und Esens ist nicht dabei; wer aber Pipifax im Größenwahn eingibt, wird mit Esens sofort fündig. „Kleinkunst“ ist dies ebensowenig wie ihr Organisator „Stadtmanager“.
Wer von Gästen oder Einwohnern auch nur in die Nähe dieses walking acts dance-parader geriet, weiß warum und wo der Adalbert für Esens seine Kultur hängen hat, die unter zwar ebenso krankem Kontext, jedoch paßgenauer an Himmelfahrt auf dem Spielplatz in Moorweg zu verorten wäre – Junggesellenabschied oder ausgefranstes Umzugsende eines Dorfjugendkarnevals: Jene handvoll durchgedrehter Zappelfiguren hat durchaus die Trommelfelle der Passanten und die Schaufensterscheiben der Esenser Innenstadt zum Flattern gebracht, ansonsten aber nur die Frage hinterlassen, ob man Schachtelhalm wirklich mit Fliegenpilz zusammen rauchen sollte und ob das Pervertiert-Befremdliche die Antwort auf ein Publikum sei, das entspanntes Shopping und Altstadt-Mäandern suchte.
Wer ratlos, aber gehörgeschädigt der vermeintlich sicheren Querstraße zufluchten konnte, wurde dort alsdann von Trittbrett-Bengen beschallert, von Sziedat gefilmt und von einem Horrorclown auf Stelzen noch massiver belästigt. Dieser besonders sinnfrei-maritime Lumpen-Traum aus Wasserleiche und Fliegendem Holländer nötigte den arglosen Müttern die Kinderwagen auf Umwege, behinderte die Shoppingwilligen beim Ladenzutritt und generierte vor allem eins: Irritation – aber immerhin auf Stelzen.
Den aufgeschlossenen, neugierig-erwartungsvollen Kunden derartige Innenstadtvergrämung zuteil werden lassen, kann da selbstverständlich als spezielle Kunst betrachtet werden, als Kleinstkunst gar – und ebenso als eine provinzielle Kriegserklärung an die deutsche Sprache, die ja hier die Bedeutung von > Kleinkunst ausschließlich unter Halloween-Perspektive sich zurechtschnitzt.
Mal sehen, welch internationale Spitzenhochkultur morgen der Anzeiger für Harlingerland für seine Blase dort geschaut haben will: Schachtelhalm, Fliegenpilz …?
* Ars mundi *