Vorsichtige Beugung III / Echo und Nachschlag

Die Straße … [update, Echo und Nachschlag]

Stadtdirektor Hinrichs teilte in der städtischen Bau- und Umweltausschußsitzung vom 30.10.2018 mit, daß aus notariell-formalen Gründen die Veröffentlichung des B-Plans N°89 bisher nicht erfolgen konnte, nunmehr jedoch alle Voraussetzungen dazu erfüllt seien, im nächsten Amtsblatt des Landkreises Wittmund die amtliche Mitteilung veröffentlicht werde und somit Rechtskraft erlange.
Die diesbezügliche Amtliche Mitteilung vom 19.11.2018 fand sich im Anzeiger für Harlingerland am 30.11.2018. Sie lautet daselbst:
„Der Rat der Stadt Esens hat in seiner Sitzung am 27.03.2018 den Bebauungsplan Nr. 89 (…) beschlossen.“
Hat er aber nicht !
Die Niederschrift dazu sucht man vergeblich; eine Ratssitzung unter diesem Datum gab’s nicht. Die diesbezügliche Ratssitzung fand am 18.04.2018 statt.  Dusseligkeit per amtlicher Mitteilung?
Das Amtsblatt des Landkreises Wittmund erscheint jeweils am letzten Werktag des Monats – Redaktionsschluß ist eine Woche vor dem Erscheinungstag – es wäre also am 30. November publik gewesen. War es aber nicht.
Warten wir also weiter auf dessen Erscheinen, somit auf die Erlangung der Rechtskraft des B-Plans sowie die Auskunft, auf welche Ratssitzung sich das alles wohl beziehen mag.

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[Hoppla, da isses: Am 03.12.2018 erschien das Amtsblatt unter falscher Bezugnahme auf die vorgebliche Ratssitzung vom 27.03.2018]
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[Doppelhoppla: Mit der Veröffentlichung vom 11.12.2018 im AfH erfolgte schließlich die korrigierte Amtliche Mitteilung unter Bezugnahme auf’s richtige Datum 18.04.2018.]
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Vorsichtige Beugung gebrochenen Rechts –  zum Zwoten
Die Straße … [update]

Warum, so fragt der interessierte Bürger, sofern ihm das Thema nicht zu komplex ist, warum also ist der mit großem publizistischen und rechtskundlichen Anlauf beschlossene Legalisierungs-Plan B N°89  noch nicht veröffentlicht? Am 18. April abgesprungen – und noch immer nicht gelandet …?

Wo die Transparenz fehlt, sind der Spekulation alle Tore geöffnet – durchschreiten wir also ausnahmsweise eins davon:
Die Veröffentlichung im Amtsblatt ist Voraussetzung für des B-Plans Rechtskraft, diese wiederum ist Voraussetzung dafür, daß er beklagt werden kann, was seinerzeit mit unverhohlener Häme und Gehässigkeit gelassen zu erwarten von manch ratsherrlichem Nachwüchsler kundgetan wurde.

Nicht nur könnte die ausbleibende Veröffentlichung und Rechtskraft des B-Plans N°89 der Klagevereitelung dienen, auch könnte bei den Verantwortlichen eine aberdumpfe Ahnung von der Bedeutung der anhängigen Klage gegen die Landschaftschutzgebietsverordnung 25 II des Landkreises schwelen:
Denn wenn diese Landschaftsschutzgebietsverordnung nun demnächst vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht verworfen werden sollte, hat sich damit auch der neue Bebauungsplan N° 89 erübrigt, weil Voraussetzung für die Umgehung des Wiederholungsverbotes eine rechtswirksame Neuabgrenzung des Vogelschutzgebietes ist, wie die Stadt Esens in ihrer Sitzungsvorlage ST/663/2016 von September 2016 selber dargelegt hat.
An dieser – hoppla – aber mangelt es!

Zweifelsfrei verlangt die ständige EU-Rechtssprechung, daß bei der Meldung eines Vogelschutzgebietes der Zustand anzugeben ist, der „im Moment der Meldung“ vorliegt. Diese Auffassung entspricht nicht nur dem Sinn und Zweck eines effizienten Naturschutzes, sie wird vom EuGH auch ausdrücklich damit begründet, daß die EU zum Zeitpunkt der Meldung und Festlegung von Schutzgebieten sicher sein muß, daß die Unverletzlichkeit, „die Integrität eines Schutzgebietes sichergestellt ist“, weil andernfalls ein wirksames globales Netz von Schutzgebieten nicht realisierbar ist. Denn die EU und das Bundesumweltministerium überprüfen nicht selber die Schutzflächen, sondern überlassen dies vollständig den Bundesländern und vertrauen vollständig auf deren korrekte Angaben.

In der Meldung an die EU und das BMU von März 2015 ist jedoch die vorhandene Straße – fälschlich – nicht erwähnt und auch nicht in der Karte eingezeichnet.

Das Nds. OVG hatte in seinem Urteil vom 10.04.2013 aber bereits rechtskräftig festgestellt, daß die in das Landschaftsschutzgebiet 25 II einbezogenen Erweiterungsflächen (für Gr. Brachvogel, Röhrichtbrüter, Schilfrohrsänger, Blaukehlchen) durch den Straßenbau in erheblichem Maße beeinträchtigt, d.h. zerstört, worden waren.
Wörtlich heißt es in der Rn. 85 des Urteils: „Das Vorhaben beeinträchtigt den Lebensraum der geschützten Populationen im Sinne dieser Vorschrift erheblich… Hier ist der baubedingte Verlust eines immerhin etwa 47 ha großen Brut- und Nahrungsreviers für die wertbestimmenden Arten (…) zu verzeichnen. Dieser Verlust kann nicht als so geringfügig eingeschätzt werden, daß er im Rahmen von Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL außer Betracht bleiben könnte.“
[Das vollständige Urteil ist mit der Suche: Az. 1 KN 33/10, 10.04.2013, Nds. OVG übrigens für jedermann auffind- und nachlesbar !]

Somit ist erwiesen, daß die ausgewiesenen Schutzflächen keine im Sinne der gefestigten Rechtssprechung geeigneten Schutzflächen darstellen !
Da die Meldung an die EU auf den Zeitpunkt „März 2015“ erfolgte, steht zweifelsfrei fest, daß der angebenene Bezug auf den (fiktiven!) Zustand von 2007, also vor dem Straßenbau, rechtswidrig ist, weil die vorhandene Straße bei der Abwägung nicht berücksichtigt wurde. Die Neuabgrenzung des Landes Niedersachsen war daher von Anfang an und bereits im Auswahlansatz offenkundig rechtswidrig.

Dieses eingangs erwähnte Tor der Spekulation darf hiermit zugunsten der Faktenlage getrost geschlossen werden.

30. Sept. 2018

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