Weihnachtsbeilage: Klimaglaube und Panzerdiesel

Denkwürdig, stilsicher und religiös weitreichend gefestigt
versorgt uns Dagmar Henn
mit der aktuellen
exit-esens-Weihnachtsbeilage:

 

 

Moderne Kreuzritter oder – Wenn der Klimaglaube mit dem Dieselverbrauch der Panzer harmoniert

Die Glorifizierung der Greta Thunberg erinnerte an frühmittelalterliche Glorifizierungen von Säulenheiligen und Einsiedlern. Auch die Klimakleber folgen eher dem Muster eines Glaubens als dem politischen Protests. Was, wenn es sich um eine Klimareligion handelt?

 

Von Dagmar Henn  via RT

Sie benehmen sich wie Sektenanhänger, die Klimakleber von der „Letzten Generation“ und ähnliche Truppen. Das ist kein Zufall. Denn letztlich folgen sie eben keiner Wissenschaft, sondern einer Religion.

Irgendwann einmal werden sich bestimmt vergleichende Religionswissenschaftler ausführlich damit befassen, aber ein paar Gedanken dazu kann man schon einmal anstellen. Fangen wir mit der einfachsten Frage an – ist es ein monotheistischer oder ein polytheistischer Glaube? Die Antwort ist simpel; das Klima ist Gott, und es nur eines.

„Die Natur“ war an dieser Position auch schon einmal versucht worden, aber sie ist zu nah und zu überprüfbar, und an vielen Orten stellte sich, als man „die Natur“ schützen wollte, heraus, dass die vermeintliche Natur die Folge einer bestimmten Art der menschlichen Einflussnahme ist, bei Alpenwiesen beispielsweise oder der Lüneburger Heide, die es beide ohne entsprechendes Weidevieh schlicht nicht gibt. Die nächste Notwendigkeit, diese Landschaften zu retten, wird sich ergeben, wenn Almbauern und Heideschäfer aufgeben, weil die Ansiedlung von Großraubtieren wie Wolf und Bär ihre Tätigkeit unwirtschaftlich macht; ein kleines Beispiel, wie das Scheitern an den Widersprüchen aussieht.

„Die Erde“ gab es auch schon als Version, aber Gaia, die Nährende, eignet sich schlecht, um Sektengläubige heranzuziehen. Die Erde ist zu weiblich, um als Drohkulisse zu funktionieren, selbst wenn man ihr Bewusstsein verleiht. Die am Besten geeignete Version, um Handlungen zu erzwingen, rein technisch gesprochen, ist sehr patriarchal.

Die bekannten monotheistischen Religionen sind allesamt Offenbarungsreligionen. Das mag der Grund sein, warum im Zusammenhang mit dem Klimaglauben so penetrant auf „Wissenschaft“ bestanden wird – das Wort Wissenschaft dient nicht nur dazu, mögliche Kritiker zu disqualifizieren, sondern zugleich, vom religiösen Charakter der Bewegung abzulenken.

Der Klimaglaube ist eine Religion; Dreh- und Angelpunkt ist ein drohender Weltuntergang, den die Menschheit durch ihre Überheblichkeit, durch den Einsatz fossiler Energien ihre physischen Beschränkungen zu überwinden, auf sich herabbeschworen hat. Denn gleich, welche Version des Weltuntergangs man in traditionellen Religionen betrachtet, sei es die christliche Apokalypse, sei es Ragnarök oder der Tanz des Shiva, es liegt immer ein Neuanfang dahinter. Der Klimaglaube kennt kein besseres Danach.

Das hat mit einem weiteren Faktor zu tun, der diesem Glauben abgeht: die Vorstellung der Vergebung. Das Klima ist eine rächende Gottheit, der man sich bedingungslos unterwerfen muss, um nicht vernichtet zu werden. Der Preis für das Wohlwollen dieser Gottheit ist die Aufgabe der Zivilisation, wie wir sie kennen.

Es ist schwer, ein Vorbild dafür zu finden. Denn die Allmacht, mit der die monotheistischen Gottheiten ausgestattet sind, braucht die Ergänzung durch Vergebung und Barmherzigkeit. Mehr als die polytheistischen Welten sind die monotheistischen welche, in denen die Gottheit etwas von den Menschen will. Selbst die großen Katastrophengeschichten des Alten Testaments wie die Sintflut und Sodom und Gomorrha sind nicht ohne Ausnahmen, und der strafende Gott lässt sogar mit sich handeln. Lot verhandelt darum, wie viele Gerechte er finden müsse, damit die Vernichtung von Sodom und Gomorrha ausfällt.

Die Vergebung der Schuld, wie sie das christliche Glaubensbekenntnis betont, ist dabei nicht nur metaphorisch gemeint, sondern bezieht ursprünglich die finanzielle Schuld mit ein, was einerseits die Gestalt eines Zinsverbots annehmen kann, andererseits die des Jubeljahrs, in dem alle Schuldverhältnisse wieder auf Null gestellt werden. Noch mehr als die Vorstellung von Gesetz und Regel, die als zivilisationsstiftender Faktor in jeder Religionsform einer Hochkultur eine Rolle spielt (man denke an die großartige altägyptische Maat oder an das Mandat des Himmels in China), ist es der Gedanke der Vergebung, der für eine menschliche Entwicklung steht. Tatsächlich beidseitig – bei jenem, dem vergeben wird, weil die Vergebung die Erwartung mit einschließt, dass das Gegenüber veränderungsfähig ist, wie bei jenem, der vergibt.

Die Klimagottheit kennt keine Vergebung. Sie fordert nicht nur absolute Unterwerfung des Gläubigen, sie fordert zudem, dass er andere diesem Glauben unterwirft. Die Forderung dieses Glaubens lautet auf Verzicht auf alle zivilisatorischen Errungenschaften seit dem 19. Jahrhundert; eine zutiefst menschenfeindliche Sicht, denn auf dieser technologischen Basis wäre die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung zum Untergang verdammt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Deutschland 20 Millionen Einwohner, ein Viertel der heutigen Zahl. Aber diese 20 Millionen sind das, was auf damaliger Grundlage ernährt werden konnte.

An diesem Punkt ist der Klimaglaube ein Bruch mit der Zivilisationsgeschichte. Denn alle Gottheiten davor, ob in einem monotheistischen oder polytheistischen Glaubenssystem, waren weitgehend anthropomorph, menschenähnlich, und es wurde ihnen in jedem System eine Form der Kommunikation zugeschrieben, sei es durch Offenbarungen oder durch rituelle Verkörperungen. Gott Klima ist abstrakt, weit entfernt, gibt nichts, aber verlangt viel. Das Maximum an Gnade, das der Klimaglaube kennt, besteht darin, eine unterworfene Menschheit überleben zu lassen.

Aus diesem Grund ist die Behauptung der Wissenschaftlichkeit so wichtig. Niemand würde bei klarem Verstand aus dem reichhaltigen Angebot menschlicher Glaubenssysteme ausgerechnet dieses wählen. Das Wort Wissenschaft tragen die Klimakrieger ähnlich vor sich her wie die Hare Krishnas ihr Hare Krischna, Hare Rama.

Dass die Beanspruchung des Wortes Wissenschaft nur eine Floskel ist, die einem anderen Zweck dient, zeigt sich gerade an der Behandlung des Zweifels. Zweifel am Klimaglauben werden mit dem Wort „Klimaleugner“ gebrandmarkt; eine Formulierung, die letztlich den Zweifel als Grundlage der Wissenschaftlichkeit ablehnt und zugleich über den Begriff „Leugner“ einen Rückgriff auf den ganzen Komplex Offenbarung/Häresie vornimmt. Dabei wird auf eine Vorstellung von Wahrheit zurückgegriffen, die vor der Rückkehr der aristotelischen Logik nach Europa liegt (einer von deren Hauptvertretern, Thomas von Aquin, musste seinen Finger in die Wunden des auferstandenen Christus legen, um zu glauben).

Wissenschaftlichkeit und Offenbarung sind schon allein deshalb Gegensätze, weil Wissenschaft sich inkrementell entwickelt, während es das Wesen einer Offenbarung ist, fertig und abgeschlossen präsentiert zu werden. Die Klimaerzählung ist, so, wie ihre Anhänger sie behandeln, eine Offenbarung; wer sich der Offenbarung verweigert, ist, da sie über die Nutzung des Begriffs der Wissenschaft Unabweisbarkeit behauptet, in der alten europäischen Skala des Umgangs mit Andersgläubigen nicht „Heide“ oder „Ungläubiger“, sondern „Ketzer“ oder „Apostat“, also jemand, der vom wahren Glauben abgefallen ist.

Der Chiliasmus, also der Glaube an den nahen Untergang der bekannten Welt, ist üblicherweise Kennzeichen eines stark missionierenden Glaubens. Man kann das an den Zeugen Jehovas sehen, die zwar ihren Weltuntergang umdatieren mussten, aber überzeugt sind, ihr Bekehrungseifer diene dem Wohl der Bekehrten. Allerdings zielt der Klimaglaube nicht auf eine völlige Bekehrung der Bevölkerung, wohl aber auf eine völlige Unterwerfung der Lebensweise.

Während die von Renaissance und Aufklärung ausgehende Entwicklung das Göttliche vom Himmel holte, um den Humanismus zu erschaffen, in dessen Mittelpunkt der Mensch steht, ist die Klimareligion der Endpunkt einer Gegenstrategie, die zuerst die Tierwelt und die Natur über den Menschen stellte, dann die Erde selbst (wie in den Untergangsprophezeiungen des Club of Rome), und dann, als das nicht genügte, die angestrebte Gottheit noch weiter vom Menschen entfernte.

Wenn man historische Vorbilder finden will, kommt man auf die Manichäer, eventuell auch auf die Katharer. Die Manichäer waren eine Abspaltung des Zoroastrismus, dem die Welt die Erfindung des Teufels verdankt; die Manichäer nahmen den „bösen“ Gott des Zoroastrismus und erklärten ihn zum Schöpfer der Welt und die Menschen zu in dieser Schöpfung gefangenen Seelen. Die Katharer, die eine europäische Version der Manichäer waren, waren Vegetarier und lehnten die Sexualität ab, weil die Geburt von Kindern neue Seelen in der Schöpfung des Teufels versklaven würde. Ihr Glaube an die Herrschaft des Demiurgen führte letztlich zu einer tiefen Lebensfeindlichkeit (die natürlich allein durch die Ablehnung der Fortpflanzung zur Kollision mit einer feudalen Gesellschaft führen musste, die für materiellen Fortschritt auf ein Wachstum der Bevölkerung angewiesen war).

Wenn man Aussagen von Klimagläubigen liest, sie wollten keine Kinder, weil diese den Ausstoß an Kohlendioxid erhöhen, erinnert das sehr an die Vorstellungen der Katharer. Das Kohlendioxid steht für die Erbsünde, diesen angeborenen Makel, dessen sich auch die jüdische und die christliche Religion bedienen; allerdings ist diese Art der Erbsünde weder durch eigenes Handeln noch durch irgendeine Erlösung aufhebbar, weil es die Atmung selbst ist, die nach dieser Vorstellung bereits sündhaft ist, ganz zu schweigen von Ernährung und Konsum. Die CO2-Abgabe schafft nicht nur eine Grundlage zur Spekulation und stellt den endgültigen Sieg des Steuerwesens durch die Besteuerung der Luft dar, sie ist auch die alltägliche Einübung in die Abbitte, die für diese Erbsünde zu leisten ist.

Die Buße besteht, wie immer und überall, im Verzicht auf Lust. Nur, dass diese Buße in diesem Fall keine individuelle Wahl ist, was gesellschaftlich weitgehend unschädlich wäre, sondern mit Verweis auf den drohenden Weltuntergang auch allen Nichtgläubigen auferlegt werden soll, was, wie man an EU-Beschlüssen zum Stickstoffdünger oder zum Verbrennungsmotor sehen kann, tatsächlich geschieht. Weil eben dieser Übergriff ins Dasein der Andersgläubigen in grundsätzlichem Widerspruch zu den Werten der Aufklärung steht, müssen diese aktiv bekämpft werden. Zu diesem Zweck wurde eine Inquisition etabliert, die Abweichungen oder gar Abfall vom wahren Glauben ahndet.

Der religiöse Charakter zeigt sich auch im Umgang mit der verkündeten Fantasie der „klimaneutralen“ Industrie. Wie weit die vertretenen Vorstellungen einen realen Inhalt haben oder in absehbarer Zeit umsetzbar sind, ist dem Gläubigen gleichgültig, da sich der ganze Glaube vor allem im Feld von Apokalypse und Buße bewegt und die Perspektive einer lebbaren Zukunft höchstens als dekorative Dreingabe für die Ungläubigen genutzt wird, die sich noch nicht zur Gänze auf die angestrebte Primitivität eingelassen haben. Das Versprechen einer Energieversorgung mit grünem Wasserstoff kann, selbst wenn die koloniale Ordnung erhalten bliebe (was die Voraussetzung dafür ist, dass Europa davon profitieren könnte, weil die Produktion dieses Wasserstoffs, der bis heute nicht einmal in größeren Mengen transportierbar ist, beispielsweise in Afrika stattfinden soll, aber nicht zum Nutzen der Afrikaner), frühestens in einer Generation eingelöst werden, was unter dem Gesichtspunkt einer Erhaltung der westeuropäischen Zivilisation deutlich zu spät ist..

Der emotionale Gewinn der Gläubigen besteht darin, sich selbst als Vertreter Gottes auf Erden wahrzunehmen, wobei nicht beim Habitus augustinischer Bußpredigten Halt gemacht, sondern wie unter der Losung „Deus lo vult“, Gott will es, ein wahrer Kreuzzug entfesselt wird.

Kein Wunder, dass der Klimaglaube ungestört vom gewaltigen Treibstoffverbrauch der in Marsch gesetzten Panzer problemlos mit der aggressiven Politik der NATO harmoniert; im Gegenteil, er ermöglicht es sogar, die negativen Folgen wie die Deindustrialisierung geradezu zu feiern. Gäbe es den Krieg in der Ukraine nicht bereits, die Klimagläubigen würden ihn erfinden, denn er ermöglicht es ihnen, die Verantwortung für die von ihnen in Wirklichkeit erwünschte Deindustrialisierung nach außen abzuschieben. Tatsächlich wären Versuche, diese Deindustrialisierung in Europa politisch durchzusetzen, letztlich am Widerstand der Bevölkerung gescheitert und die Erzählung vom bösen Putin, der ihnen aufgenötigt hat, was sie ohnehin anstrebten, wird deshalb so erbittert verteidigt, weil sie das einzige ist, was den Verantwortlichen dieser Verantwortungslosigkeit den Hals rettet.