Harlinger-Kandidatenportrait

AfH live-stream, 01.09.2016, Standbild, bearbeitet

Harlinger Landratskandidaten-Porträts vom 20.08.2016

Daß der Anzeiger für Harlingerland Wahlkampf führt, ist zunächst eine Binse.

Wer aber wissen will, wie er einen Text schnitzt und sich dazu einen Landrat knetet, kann’s im folgenden nachlesen.

Daß der Chefredakteur Klaus-Dieter Heimann dabei seinen Lions-Bruder Hendrik Schultz auch gleich mit in den Regen stellt, zeugt nicht nur vom flachen Anspruch journalistischer Ethik und der Qualität des redaktionellen Ehrencodex „Werte & Wahrheit“: abgewetzt & fadenscheinig. Wen dann noch interessiert, was Lions-Mitglieder einander und der Menschheit geloben, kann das hier nachlesen:

„Freiheit des Geistes und Weisheit des Handelns zum Wohlergehen der Gemeinschaft“:
Lionsclub Wittmund
Lions Esens

 

 

Don Quichotte – Das häßliche Etikett

Und sollte nicht, was die Landratskandidaten einander an Fairneß im Wahlkampf zusichern, auch für die Berichterstattung gelten?
Das sollte es. Warum also wird Kandidat Erwin Braun vom Harlinger gleich eingangs bescheinigt, er kämpfe gegen Windmühlenflügel und so als Ritter von der traurigen Gestalt überschrieben, da jedermann weiß, dies war Cervantes‘ Figur des lächerlichen Schwärmers, dessen Tatendrang stets an den realen Gegebenheiten scheitert.

Und daß dieser zudem noch als Jurist sich dem absurden Kampf hingibt, verdoppelt den Spott-Effekt gegen einen „Don Quichotte“.

Weiterer Realitätsverlust wird dem Kandidaten dann mit der Behauptung zugeschrieben, Braun habe „der Windenergie den Kampf angesagt“, was ja nichts anderes bedeutet, als daß der Träumer wohl die Gesetze der Physik als Feind ausgemacht habe. Was soll das? Den Kandidaten schlagen und seine Anhänger treffen ?

Bei solcher Ambition wird selbst eine zunächst so harmlose Aussage, „der Jurist hat es sich in einem Café bequem gemacht“ zu dessen persönlicher Herabsetzung, wenn der Chronist sie ins Verhältnis setzt zum Kandidaten Heymann, dem hingegen nämlich „der Wind ins Gesicht peitscht“ und der deshalb – klischeebeflügelt – als „sturmfest und erdverwachsen“ sich preist und ergo so gepriesen wird.

Über den Kandidaten Heyman urteilt der Bericht vorgeblich objektiv und gesichert, der „kennt sich in der Kommunal- und Landespolitik bestens aus“, wohingegen dem Kandidaten Braun zugeschrieben wird, er beziehe seine Qualifikation lediglich aus einer persönlichen Selbsteinschätzung: „er sieht sich prädestiniert“ – und fällt somit seiner subjektiven Wahrnehmung und Fehleinschätzung zum Opfer.

Während der Chronist mit den Kandidaten Schultz und Heymann deren Familienbild mit richtiger Ehefrau und Kindern herauspoliert – was immer das auch mit Landratsqualifikation zu tun hat! – ist ihm über Herrn Braun zu berichten wichtig, daß der nur über eine gerade angeheiratete „Partnerin“ verfügt, die in der Ukraine nun auf Familiennachzug wartet. Blitzt hier die ganz besondere Willkommenskultur durch?

Und wer dann noch, wie Erwin Braun, arglos historische Windmühlen schön findet, muß sich alsdann nachsagen lassen „Der Kampf gegen Windmühlenflügel läßt ihn auch in der Freizeit nicht los“, was sowohl inhaltlicher Kurzschluß als auch sachlich falsch ist.

Richtig ist, er positioniert sich rational und klar gegen Genehmigungsexzesse, politischen Betreiberfilz und Anwohnergefährdung – das ist das Gegenteil von Cervantes‘ Witzfigur, und es grenzt ihn von den anderen ab.

Kandidat Schultz aber kommt so viel besser auch nicht weg, dem immerhin schon mal zugebilligt wird, er „will mit Führungsstärke überzeugen“. Die Reichweite dieses Willens aber wird vom Berichterstatter umgehend relativiert, denn „er eifert seinem Vater nach“.

„Eifern“ ist gemeinhin die schmunzelnd-spitze Umschreibung für das Fehlen jeglicher Professionalität und bedeutet: mit Freude wollen, aber nicht können.
Die Doppelung „dem Vater nacheifern“ setzt dem die fehlende persönliche Reife noch drauf und verstärkt auch hier den Spott-Effekt.

Zudem wird noch berichtet, Schultzens Arbeitsweg könne sich verkürzen, Bäume und Häuser stehen in seiner Sichtachse; Heymann geht gern in B’siel spazieren und trägt zum Porträt eine gelbe Regenjacke mit Kapuze; Braun schaltet im sog. „Grünen“ gern alle Kommunikationsmittel ab, um zu entspannen…

Wäre es denn nicht vornehme Aufgabe einer Lokalzeitung, zum Beispiel im Vorfeld einer solchen Wahl mal ein Qualifikationsprofil eines Landratsamts zu entwickeln, anhand bisheriger Personen und Leistungen, von deren bisherigen Erfolgen und Mißerfolgen, anhand der gesetzlichen Vorgaben, der Erwartungen der Einwohner, der Darstellung von dessen Handlungsrahmen und Betriebsstruktur, wem ist er rechenschaftspflichtig, wen muß und wen darf er kontrollieren, was kann er delegieren, welche aktuellen Aufgaben warten auf ihn, welche Grenzen sind ihm dabei auferlegt, welche Spielräume gegeben etc.?

Daran ließe sich dann vielleicht ein Kandidat messen und auf solche home-stories verzichten.

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